Lernen neu erleben

Die Freude am Lernen wiederentdecken...

Wenn wir uns kleine Kinder ansehen, dann erkennen wir, dass sie eine enorme Entdeckerfreude in sich tragen. Sie sind neugierig und wissbegierig, wollen alles erforschen und ausprobieren. Sie haben einen ganz natürlichen Drang zu lernen! 

Im Kindergartenalter kann man diese Lust am Lernen bei den Kindern in der Regel noch sehr gut beobachten. Sobald sie in die Schule kommen, lässt sich jedoch oftmals über die Monate und Jahre eine individuell unterschiedlich stark ausgeprägte Abnahme der Lernfreude beobachten. Warum ist das so?
 

Zwang und Druck hemmen die Freude am Lernen

Schule wie sie heute ist, kann nicht auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Kinder eingehen. Dazu fehlen die Rahmenbedingungen und Möglichkeiten bei Klassengrößen von 20 Kindern und mehr. Das Ausmaß der Lerninhalte und der organisatorische Aufwand für Lehrer werden zudem immer größer, während die Zeit für individuelle Begleitung, Unterstützung und Zuwendung kontinuierlich schrumpft. Dies bedeutet, dass keine Rücksicht darauf genommen werden kann, in welcher Art und Weise die einzelnen Schüler am besten lernen und was jeder Einzelne gerade braucht. Denn es ist so: manch einer lernt am besten, wenn er Inhalte erklärt bekommt, ein anderer braucht ein klares Bild dazu, wieder ein anderer muss etwas ausprobieren, anfassen oder über das Thema selbst sprechen. Und vielen Kindern hilft es schon enorm, wenn sie sich bewegen dürfen! Stattdessen müssen sie nun über Stunden ruhig sitzen und ihren natürlichen Bewegungsdrang unterdrücken. 

Lerntechniken werden in der Schule so gut wie gar nicht vermittelt. Kaum jemand weiß, WIE Lernen geht! Der immer noch vorherrschende Frontalunterricht ist zudem meist wenig anregend. Die Zeit, das Gelernte zu verarbeiten und zu verstehen, ist für viele Schüler schlichtweg zu kurz bemessen. Ehe ein Inhalt verstanden und sicher verankert wurde, kommt schon das nächste Thema dran. Es herrscht ein enormer Leistungsdruck, den Anforderungen der Schule gerecht zu werden. Sobald jedoch Druck vorhanden ist, geht die Freude verloren, die Motivation überhaupt noch zu lernen, sinkt und mit der Zeit können so Lernschwierigkeiten entstehen...
 

Was wirklich wichtig ist für das Lernen

Lernen ist, wie gesagt, grundsätzlich ein natürliches Bedürfnis. Beim Erlernen von Kulturtechniken wie Lesen und Schreiben jedoch sieht es ein wenig anders aus. Die Umwelt zu erforschen, sprechen und gehen zu lernen oder das Bedürfnis nach Zuwendung etwa sind natürliche Bedürfnisse. Doch die sogenannten Kulturtechniken fallen in eine andere Kategorie, sie sind nicht unmittelbar für unser (Über-)Leben wichtig, daher braucht es hier eine zusätzliche Motivation. 

Diese entsteht in erster Linie über Beziehung. Daher ist der erste und damit wichtigste Schritt zu positivem Lernen eine positive, förderliche Beziehung, die geprägt ist von Verständnis, Respekt und Mitgefühl. Auf Grundlage einer solchen Beziehung kann sich das Kind dem Lernen schrittweise (wieder) öffnen.

Deshalb steht für mich die Beziehung zu meinen Klienten an erster Stelle. In einer respektvollen, positiven Atmosphäre, in der das Kind mit all seinen Bedürfnissen wahrgenommen und geachtet wird, kann Lernen wieder neu erlebt werden.

Druck, Zwang und die daraus resultierende Angst zu versagen wirken sich negativ auf das Lernen aus, hemmen die Merkfähigkeit und führen automatisch zu Misserfolgen,  welche wiederum das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten schwächen. Ein Teufelskreis entsteht, aus dem es schwierig ist, wieder heraus zu finden. Eltern stehen diesem Teufelskreis in der Regel ziemlich hilflos gegenüber. Festgefahrene Verhaltensmuster auf beiden Seiten machen eine Veränderung schwierig.


Mit Lernmethoden und -techniken, die rasche Erfolgserlebnisse bewirken und das Selbstvertrauen stärken sowie einem spielerischen Training der Basisfertigkeiten wird Lernen wieder mit Spaß und Leichtigkeit verknüpft und Lernblockaden werden abgebaut. Im Zentrum meiner Arbeit steht dabei immer die Selbständigkeit meiner Klienten und die Hilfe zur Selbsthilfe.

 

Eltern als wichtigste Lernbegleiter 

Da gerade bei Kindern die Unterstützung durch die wichtigsten Bezugspersonen von immenser Bedeutung ist, beziehe ich die Eltern so weit wie nötig und möglich mit ein. Das Kind braucht auch außerhalb der Trainingsstunden Unterstützung bei der Anwendung neuer Lerntechniken und bei der Umsetzung neuer Strategien und Methoden. Oft macht es zudem Sinn, wenn die Eltern sich eigener Glaubenssätze und Verhaltensmuster bewusst werden, die das gemeinsame Lernen mit dem Kind bislang erschweren.

 

Wenn Kinder die Freude am Lernen verlieren und Symptome entwickeln - sei es körperlich oder auch psychisch in Form von Ängsten, Depressionen, Aggressionen, Verhaltensauffälligkeiten, Schulverweigerung oder ähnlichem - ist es höchste Zeit zu handeln. Diese Kinder brauchen dringend Hilfe und Unterstützung. Je früher, desto besser. Denn jedes Kind möchte lernen und gibt sein Bestes. Dies sollten wir Erwachsenen nicht vergessen. Unsere Aufgabe als Eltern von Schulkindern ist es auch die Kinder vor Überforderung so gut wie möglich zu schützen. Wir dürfen und sollten Lehrern rückmelden, wenn etwas dem Kind zu viel ist, wenn es etwas belastet oder wenn wir merken, dass ihm etwas nicht gut tut. Dadurch schaffen wir einerseits immer wieder etwas Luft und ermöglichen hier und da auch kleine oder größere Verbesserungen. Andererseits fühlt sich unser Kind von uns - seinen wichtigsten Bezugspersonen - ernst genommen und verstanden, wenn es bemerkt, dass wir uns für es einsetzen . Dies stärkt das Vertrauen und insgesamt die Eltern-Kind-Beziehung - das wichtigste Gut, das wir mit unseren Kindern haben.

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